Nicht von dieser Welt
Sie ist nicht von dieser Welt. Ihre Schläge findest du sonst nirgendwo. Sie kommt ganz still und heimlich und verlässt dich mit einer Wucht, als wütete ein Tornado in dir. Dabei war es nur sie und hinterließ als Abschiedsgrüße die Schmerzen, die Gewissheit, dass sie schon bald wiederkehren wird. Doch auch die Angst hat sie da gelassen. Du brauchst eine Weile, bis du mit deinem Geist begreifen kannst, was da gerade geschehen ist. Der Kampf gegen diese große Macht, das Wettrennen zwischen *** und Herrin, du hast es verloren. Schon wieder. Kannst du jemals gewinnen? Es ist wie im Film Anatomie, der Kampf um das Überleben beginnt. Doch nicht ganz fair. Sie hat dir bereits Schaden zugefügt, dir Kraftlosigkeit eingeflößt. Du fällst vor ihr auf die Knie und sie stellt die Spielregeln auf, wohlwissend, dass sie dir 10-mal überlegen ist. Wenn du es bis zur nächsten Tür schaffst, bist du frei, dann darfst du gehen. Schaffst du es aber nicht, so gehörst du mir. Geschwächt robbst du dich zur Türe. Sie feuert dich an. Joy, Joy, Joy, ja, du schaffst es... Du kannst die Tür sehen, Hoffnung überströmt dein Herz. Die erste Hand erreicht schon die Schwelle der Tür als sie plötzlich nach deinem Fuß greift und dich grob nach hinten zieht. Leider nicht geschafft Joy, deine Zeit ist um! höhnt sie und grinst dabei ihr schönstes lächeln. 2-3 Stunden oder länger fällst du nun in ihre Ungnade. Der Preis für deine Freiheit, er ist viel zu hoch. Sie ist stark, du bist schwach. Sie ist groß, du bist klein. Sie ist unsichtbar, du bist nur ein Mensch. Könnte ich sie doch nur aus mir heraus prügeln oder sie sonst wie loswerden. Von ihr werde ich Tag für Tag gequält und ist sie einmal nicht zugegen, so tut doch die Angst ihr übriges, um mich in diesem Gefängnis festzuhalten. Selbst die Menschen spotten schon über mich. Hosenpiesserin, Hampelmann, Zappelliese, Behinderte, gestörte, dumme. Epileptiker sind gänzlich unbeliebt und doch haben wir viele Namen. Die anderen- sie sagen ich mache das extra- wie können sie das bloß behaupten, diese ahnungslosen Menschen. Ich leide Höllenqualen, Qualen, die nicht von dieser Welt sein können und sie sagen ich möchte nur Aufmerksamkeit. Diese verdammte Krankheit will mir alles nehmen. Meine Familie wandte sich von mir ab, meine Freiheit nahm sie mir ebenso genauso wie die Hoffnung. Doch eines konnte sie mir noch nicht rauben. Meine Träume. Ich träume davon, dass sie mal nicht da ist, Träume von einem Leben ohne Sie. Ich träume davon, dass mir einmal all die Jahre meiner Krankheit die sie mir gestohlen hat, auf irgendeine Weiße wiedergegeben werden. Ich träume von einem Leben ohne Ketten, ohne Fesseln. Von einem Leben ohne Angst, ohne die Angst sich jedes mal wieder verstecken zu müssen, wenn sie dich überfällt, um wenigstens den Blicken und den Spott der Menschen zu entgehen, Ich träume davon, so angenommen zu werden, wie ich bin. Aber ich glaube, das alles wird wohl für immer ein Traum bleiben. Ich sollte endlich aufwachen und sehen, wie mein Leben nun mal ist. Die Epilepsie ist meine Herrin, ich bin versklavt. Ich bin ihr hilflos ausgeliefert!
Das dachte ich früher (der Text besteht schon ewig und drei Tage). Wir dürfen unser Leben nicht nach der Epilepsie ausrichten. Wir dürfen nicht auf jedes Verbot hören und befolgen, dass uns die Ärzte auferlegen(was nicht beseuten soll, dass wir wieder Auto fahren dürfen!!!). Denn wenn wir das tun, wenn wir alle Verbote einhalten und uns ganz nach dieser Krankheit ausrichten, haben wir dann noch ein Leben? Wenn wir das tun, dann räumen wir der Epilepsie einen großen Platz in unserem Leben frei und überreichen ihr quasi das Zepter, den Stab der Macht über uns Leben. Und wir werden neben ihr schrumpfen, bis wir irgendwann ganz klein sind, zu klein um gegen sie vorzugehen!
Die Epilepsie ist nicht direkt das Problem. Auf den ersten Blick hat es den Anschein, doch beim näheren Hinsehen, sind wir es selbst. Wenn wir zu sehr auf unsere Krankheit hören, ver***n wir uns selbst. Sicher, es ist interessant, zu sehen, was mit uns passiert, aber auch unangenehm. Irgendwann ist nur noch der eine große Gedanke in deinem Kopf. Tag für Tag, beinahe jede Minute: Wann kommt der nächste Anfall und wie wird er ablaufen, was wird er mit mir alles anstellen?
Wir müssen es irgendwie schaffen, uns davon abzugrenzen. Die einen hören Musik, treffen sich mit Freunden, die anderen stürzen sich in die Arbeit und gehen als gesunden Ausgleich shoppen.
Es ist schwer, aber vielleicht sollten wir uns einfach mal einreden, dass die nächsten Tabletten helfen? Mit genug Glaube kann auch ein Platzebo etwas wert sein!
Und dann, wenn unser Glaube stark genug ist, zerspringen unsere Ketten, fällt unsere Angst ab wie allein.
Und wir können auf das Tor zugehen, hinter dem sich die Freiheit verbirgt!
Wünsche euch allen ein wunderschönes Weihnachtsfest und besinnliche Feiertage mit möglichst wenig Anfällen (hatte letztes Weihnachten aber auch eiskalt nen Anfall, mal sehen was dieses Jahr los ist!)